Wie mein Herrchen auf den Hund kam

Seit sich mein Herrchen erinnern kann, wünschte er sich immer einen Hund. Sein Wunsch fand aber anfänglich bei seinen Eltern kein Gehör.

Besonders Herrchens Mama war dagegen, weil sie befürchtete, dass sein Versprechen, täglich dreimal mit dem Hund Gassi zu gehen, nach ein paar Wochen oder Monate nicht mehr eingehalten wird, weil er das Interesse verlieren könnte und dann alles an ihnen hängen bleibt.

Ein Goldhamster war dann so quasi der „Pilotversuch“ um seinen Eltern zu zeigen, dass er Verantwortung für ein Lebewesen übernehmen kann. Herrchens Eltern meinten: „Wenn der Hamster immer frisches Wasser hat, täglich gefüttert wird und der Käfig regelmässig gereinigt wird, werde man wieder über das Thema Hund reden“ … Mein Herrchen hatte diese Herausforderung mit Bravour bestanden, trotzdem war besonders bei Herrchens Mutter immer noch grosser Widerstand vorhanden.

Ein Onkel, der damals auch einen Hund hatte, hat dann Herrchens Eltern „bearbeitet“ und ihnen all die Vorzüge eines Hundes aufgezählt. Dann endlich durfte sich mein Herrchen seinen grössten Wunsch erfüllen.

Selbst ist der Mann

Um selbstständig zu werden, musste er sich aber selber um die Anschaffung kümmern und es wurde ihm auch nur ein kleiner Hund bewilligt. Sie einigten sich schliesslich auf einen Irisch-Terrier. Zudem musste es ein Weibchen sein, weil Herrchens Mutter keine Fellnase wollte, die überall im Garten das Bein hebt und ungefragt ihre Rosen oder das Salat-Beet bewässert.

In der Zeitschrift „Tierwelt“ fand mein Herrchen dann ein Inserat von einer Zucht, die sechs Irisch-Terriern Welpen zu verkaufen hatten. Er musste da aber selber anrufen. So rief der damals etwa 9 Jahre alte Junge an und erkundigte sich nach einem Irisch-Terrier Weibchen. Die Züchterin sagte ihm dann, sie hätte nur Männchen, darauf fragte mein Herrchen erstaunt; „züchten sie denn nur Männchen und keine Weibchen?“ Worauf die Züchterin in schallendes Gelächter ausbrach… 😉

Mein Herrchen wäre aber nicht mein Herrchen, wenn er sich durch solche Rückschläge hätte entmutigen lassen… Damals gab es im Schweizer Fernsehen die Sendung, „Heidi Abel sucht Plätze für Tiere“. Da wurden heimatlose Tiere vorgestellt und für diese, in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Tierschutz, ein neues Zuhause gesucht. Mein Herrchen war von dieser Idee begeistert. Als er dann seinen Eltern die Idee unterbreitete, einem Hund aus einem Tierheim ein Zuhause zu schenken, stiess er auf offene Türen.

Sie verfolgten dann etwa 2 Monate lang jede Sendung. Leider war aber nie so ein kleiner Hund dabei, wie sich Herrchens Eltern vorstellten. So hat dann mein Herrchen klammheimlich, an die Redaktion der Sendung einen Brief geschrieben und gefragt, ob sie vielleicht einen kleineren Hund hätten, der einem Irisch-Terrier ähnlich sehe. Sie haben dann umgehend mit Herrchens Eltern Kontakt aufgenommen. Kurze Zeit später kamen zwei Leute vom Tierschutz vorbei um zu sehen, ob es ein Hund bei meinem Herrchen und seiner Familie auch wirklich gut haben würde.

Das lange Warten hatte ein Ende

Nach etwa drei weiteren Monaten Wartezeit hatte es dann (endlich) in einem Tierheim in Herrchens Region einen kleinen Hund, der angeblich so aussah, wie sich das mein Herrchen und seine Eltern vorgestellt hatten. Sie zeigten meinem Herrchen ein Polaroid Foto. Da war aber nur eine Wiese und ein ganz kleiner weisser „Fellknäuel“ zu sehen. Sowas hatte er sich aber eigentlich nicht vorgestellt. Mit einer Frau vom Tierschutzverein durfte er den Hund aber besuchen gehen. Als sie dort ankamen, wurde er sofort von einem kleinen weissen Kläffer auf Distanz gehalten. Seine Freude hielt sich in Grenzen. Da sah er in der Box nebenan eine 5 Monate alte Sennenhund-Mischling Dame. Er ging zu ihr hin. Sie schaute ihm sofort in die Augen und liess sich von ihm streicheln. Es war so was wie Liebe auf den ersten Blick. Als die Frau vom Tierschutz sagte, dass sie für diese Hundedame auch noch ein Zuhause suchen, wurde der weisse Kläffer sofort links liegen gelassen.

Die junge Hündin wurde ausgesetzt und von Spaziergängern in einem Schacht aufgefunden. Im Tierheim haben sie ihr dann den Namen Bessy gegeben. Mein Herrchen durfte dann, zusammen mit der Frau vom Tierschutz, mit Bessy auf einen Spaziergang. Dabei hat ihm die Sennenhündin ganz deutlich „gesagt“, dass sie sehr gerne mit ihm mitgehen möchte. Da Herrchens Eltern meinem Herrchen ja sagten, er müsse sich selber um alles kümmern, hat er sich auch ohne weiter Zuhause nachzufragen für Bessy entschieden.

Der grosse Schock

Am späteren Nachmittag kamen dann also mein Herrchen und die Frau vom Tierschutz zusammen mit Bessy wieder Zuhause an. Herrchens Mutter war anfänglich alles andere als begeistert. 1. weil der Hund nun etwa dreimal grösser war, als das was abgemacht wurde und 2. sah sie komplett anders aus… Aus ihrer Sicht war das ein „Bauernhund“, weil Sennenhunde damals mehrheitlich nur auf Bauernhöfen anzutreffen waren… Sie meinte entsetzt: „Mit so einem Bauernhund müsse man sich ja schämen.“ Herrchens Papa hingegen war begeistert! – Die Frau vom Tierschutz hat dann noch länger mit Herrchens Mama geredet, währenddessen mein Herrchen Bessy bereits in seinem Zimmer, ihren Schlafplatz zeigte…

Meinem Herrchen war das Aussehen des Hundes nicht so wichtig, was für ihn viel wichtiger war, ist in einem Hund eine/n guten Freund/in zu haben und dass man sich auch versteht. Während seiner Pubertät war Bessy für ihn so was wie seine Psychiaterin, die ihm geduldig zuhörte, während er ihr all die „schwerwiegenden“ Sorgen der Jugend unterbreitete…. 😉

Ende gut, alles gut

Herrchens Eltern mussten übrigens feststellen, dass ihre Ängste sich nicht bewahrheitet hatten. Mein Herrchen ging schon damals immer unaufgefordert mit Bessy lange Gassi. Er liebte es schon damals mit seinem Hund in der Natur unterwegs zu sein, egal ob im Sommer oder Winter. Erst später, als mein Herrchen in der Berufslehre über Mittag nicht mehr nach Hause kommen konnte, musste dann Herrchens Papa einmal pro Tag mit Bessy Gassi gehen…

Das einzige wiederkehrende Problem, welches Herrchens Mutter mit meinem Herrchen hatte; sie musste immer wieder mit ihm schimpfen, weil er Bessy bei sich auf dem Bett schlafen liess. – Das ging aus der Sicht von Herrchens Mama natürlich gar nicht… 😛

Es hat zwar ein paar Jahre gedauert, aber Herrchens Mama und Bessy wurden schlussendlich doch auch noch richtige Freunde.

Bessy lebte damals über 12 Jahre bei der Familie meines Herrchens. Leider bekam sie dann im 13. Lebensjahr Gebärmutterkrebs und musste eingeschläfert werden.

Mehr über Bessy, inklusiv ein paar Bilder, gibt es unter Erinnerungen » Zur Erinnerung an Bessy


Die lange Zeit nach Bessy ohne Hund


Nachdem Bessy über die Regenbogenbrücke musste, hatte mein Herrchen viele Jahre keinen Hund mehr. Nicht weil er keinen mehr wollte, sondern weil es aus beruflichen Gründen einfach nicht ging. Zuerst machte er eine Weiterbildung an der Kunstgewerbeschule, dann war er nebenbei noch als DJ tätig und zudem in seinem späteren Beruf den ganzen Tag ausser Haus.

Wer den ganzen Tag arbeiten muss, sollte keinen Hund halten. Ein Hund ist ein Rudeltier und hat es in seinem kurzen Leben ganz sicher nicht verdient, die meiste Zeit des Tages allein gelassen zu werden. Auch hat man nachher oft noch viele andere Verpflichtungen und Interessen und so muss der Hund immer wieder zurückstecken. Wer sich einen Hund anschaffen möchte, sollte mindestens 3 Stunden pro Tag zu 100 % nur für ihn Zeit haben!

Kurz vor der Jahrtausendwende wurde mein Herrchen, infolge von einem Tumor im Gehirn, aus dem damaligen Lauf des Lebens gerissen… Da nicht sicher war, ob er den Tumor überleben wird, wurde er sehr krass daran erinnert, wie rasch das Leben zu Ende sein kann. Dank einem „Pilotversuch“ mit einem neuen Medikament in der Charité – Universitätsmedizin Berlin hatte mein Herrchen dann aber das grosse Los gezogen, weil bei ihm die Therapie erfolgreich war.

Durch die ganze Geschichte „musste“ der bisherige Lebenswandel gründlich überdacht werden. Zuerst war mal kürzertreten angesagt. Mit einer kleinen Rente und dank einem Freund, der 3 Jahre zuvor eine Internetfirma gegründet hatte, bot sich meinem Herrchen um die Jahrtausendwende die Gelegenheit, quasi via Homeoffice von zu Hause aus zu arbeiten und trotzdem mit der Welt verbunden zu sein. Zudem besuchte er die BVS Kaderschule in St. Gallen, um sich die Grundkenntnisse in Informatik (SIZ) anzueignen. Damals dachte mein Herrchen, das erste Mal wieder daran, einem Hund ein Zuhause zu geben. Nur war die aktuelle Situation alles andere als stabil, um einen solchen Schritt wagen zu können.

Nach weiteren drei Jahren war bei meinem Herrchen die gesundheitliche und die berufliche Situation soweit stabilisiert, dass er wieder über einen Hund nachdenken konnte. Mit finanziellen Abstrichen war es schliesslich möglich die ganze Woche von zu Hause aus zu arbeiten. Ganz nach dem Motto: Zeit ist Geld, entschied sich mein Herrchen nach der ganzen Geschichte mit dem Tumor bewusst für mehr Zeit und weniger Geld. Es musste einfach noch für eine Hundehütte und fürs Hundefutter reichen.

Nachdem das geklärt war, kam noch eine weitere Hürde. Mein Herrchen hat im spät-jugendlichen Leichtsinn mal begonnen zu rauchen. Zu dem Zeitpunkt war er bei knapp zwei (!) Packungen Zigaretten pro Tag. Da er den Qualm und Gestank einer empfindlichen Hundenase nicht zumuten wollte, musste also auch mit dem rauchen aufgehört werden. Nach einer mehrwöchigen Vorbereitungszeit auf den entscheidenden Moment, hat es dann auch gleich beim ersten Versuch geklappt. Nach einem Jahr ohne Zigaretten war dann die Entscheidung gefallen, dass nun die Zeit reif wäre, wieder einem Hund ein Zuhause zu schenken.

Um Freunde in Kanada zu besuchen, wurde nochmals eine Reise mit dem Flugzeug gebucht. Wenn dann nachher wieder ein Hund bei meinem Herrchen eingezogen ist, war für ihn immer klar, dass er dann nur noch Wander-Ferien mit seinem Vierbeiner verbringen wird… Anfang 2005 streckte dann mein Herrchen seine Fühler aus und schaute vermehrt irgendwelche Webseiten von Tierheimen an. Für ihn war auch von Anfang an klar, dass er auf alle Fälle wieder einem Hund aus einem Tierheim ein Zuhause geben wird.

Im April 2005 war es dann so weit, eine neue Hundedame mit dem Namen Fiona zog bei meinem Herrchen ein…
Aber das ist nun eine neue Geschichte. Diese erfährst du unter Erinnerungen » Fiona’s Lebensgeschichte